Herbstlaub

HerbstlaubLes feuilles mortes – „Herbstlaub“, so heißt ein wunderschöner Song, der in den 1940er Jahren für einen französischen Spielfilm geschrieben wurde und später, in der englischsprachigen Version mit dem Titel Autumn Leaves, als Jazzstandard weltberühmt wurde. Der Song handelt von der Erinnerung an eine vergangene Liebe, die in der Übergangszeit zwischen Sommer und Winter besonders lebendig wird.

Zu den schönsten Autumn Leaves-Interpretationen gehört die von Eva Cassidy. Die amerikanische Sängerin starb 1996 mit nur 33 Jahren an Hautkrebs und wurde erst posthum zum Star. Ihre Markenzeichen: glasklare Stimme, traumwandlerisch sichere Intonation und großes Einfühlungsvermögen. Das Autumn Leaves-Livevideo auf Youtube ist zwar visuell eher uninteressant, zeugt aber vom gesanglichen Können Eva Cassidys. Ihre Studio-CD Songbird mit vielen Coverversionen bekannter Hits sei hiermit wärmstens empfohlen.

Herbstäpfel2Herbstlaub hat sich inzwischen auch in Oma Mohrs Garten breitgemacht und lässt uns wehmütig an die vergangene Blütenpracht zurückdenken. Nur ein paar nachgepflanzte Salate und die letzten tapferen Mangoldblätter, vereinzelte Blumen, ein paar Kräuter und der Apfelbaum, der erst jetzt richtig loslegt, geben noch Lebenszeichen von sich. Zeit, der Gartensaison langsam Adé zu sagen,die Sträucher zurückzuschneiden, Äste, Zweige, Blätter und Wurzeln zu entsorgen.

Beet_Grube„So viel wie möglich von dem, was aus dem Garten kommt, soll auch im Garten bleiben“, hat uns Oma Mohr gesagt und dort, wo neulich noch Gemüse wuchs, eine große Grube ausheben lassen. Was einige Vorbeiflanierende betreten schmunzeln ließ, weil sie wohl – wie auch wir im ersten Moment – an ein Grab dachten. Doch die Grube dient nur als letzte Ruhestätte für alle möglichen Pflanzenreste. Irgendwann wird sie wieder zugeschaufelt, und die „Einlage“ gibt ihre Nährstoffe an den Boden ab. Alle übrigen Reste, darunter die dornigen Brombeersträuche, kommen in einen riesigen Container, den der Kleingartenverein wie in jedem Jahr bei der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) bestellt hat. Zwei Anläufe waren diesmal nötig: Beim ersten Mal hatte ein Auto zwar legal, aber so unglücklich geparkt, dass der FES-Laster nicht in die Einfahrt zur Gartenanlage rangieren konnte. „Kein Container wurde nicht geliefert“, war anschließend dazu auf Hessisch-Kleingärtnerisch im Schaukasten zu lesen. Was uns nicht weiter betrübte, denn an jenem Tag hatte es wie aus Eimern geschüttet.

Container 2Jetzt aber steht er da, der Container, und so bringen wir etliche Fuhren Gartenmüll auf dem Schubkarren zur Sammelstelle. Oma Mohr hat in den vergangenen Tagen geschnitten und gesammelt, wir sind für die „kräftezehrende“ Entsorgung zuständig – mal wieder eine optimal ineinandergreifende Arbeitsteilung. Von überall her eilen Kleingärtner herbei, reichen Säcke nach oben, üben sich im Ästeweitwurf oder nehmen selbst die Mistgabel in die Hand, um das abgestorbene Grün und Braun in den Container zu wuchten. Von Zeit zu Zeit steigt einer der Helfer ins Innere des Ungetüms, um die Reste flachzutrampeln – oder um eine der großen Tragetaschen herauszufischen, die man beim Auskippen nicht mehr festhalten konnte. Es ist auch eine sehr kommunikative Angelegenheit – denn beim Anstehen und Entsorgen kommt man mühelos mit anderen Kleingärtnern ins Gespräch, schwätzt, lacht und hilft sich gegenseitig.

Container 3Irgendwann mittags ist der Container voll, nichts geht mehr. Doch für uns ist die Arbeit noch nicht zu Ende. Jetzt gilt es noch, die Bohnenranken zu entfernen, die Rosen entlang der Gartengrenze zu schneiden und den Giersch zu entfernen, der sich unter den Johannisbeersträuchern breitgemacht hat. Zur Stärkung gibt es von Oma Mohr selbst Gebackenes und heißen Kaffee. Am Ende sind wir erschöpft, aber glücklich und treten mit Mangold, Salat und Äpfeln im Gepäck den Heimweg an. Ende Oktober soll ein weiterer Container bereitgestellt werden. Bis dahin wird sich im Garten einiges mehr an Herbstlaub türmen.

 

Das Runde muss ins Eckige!

Das Runde muss ins Eckige… Was dieser Fußballspruch von Sepp Herberger mit MirabellenGrünschnabelgärtnern zu tun hat? Eine ganze Menge! Denn in der Gaststätte unserer Kleingartenanlage wird gerne mal der Fernseher eingeschaltet, um den Gästen ein wichtiges Fußballspiel zu zeigen. Ein wichtiges Fußballspiel ist, wenn die Frauen-Nationalelf um die Europameisterschaft kämpft. Und ein wichtiges Fußballspiel ist, wenn Eintracht Frankfurt kickt, egal um was. Gestern Abend war es wieder so weit: Rückspiel der Eintracht um den Einzug in die Gruppenphase der Europa League. Das Hinspiel vor einer Woche in Baku hatten die Jungs von Trainer Armin Veh 2:0 gewonnen – nun musste der FK Karabach Agdam den schweren Gang in die Commerzbank-Arena antreten, die für Fans natürlich immer noch Waldstadion heißt.

Für uns bedeutete das zunächst: Aufwärmen in Oma Mohrs Garten. Und auch hier musste das Runde ins Eckige. Gemeint sind die Mirabellen und Pflaumen, die ihren Weg in die mitgebrachten Tupperdosen finden sollten. Manche Frucht von den übervollen Bäumen landete auch gleich direkt im Mund – sehr lecker, ein wahres Schützenfest! Wir wollten mehr. Und so ging es um halb neun die paar Schritte rüber in die Vereinsgaststätte, wo der Fernseher schon lief. Es dauerte nur eine knappe Viertelstunde, bis auch Stürmer Alex Meier eine reife Kugel vom Himmel pflückte und perfekt im Kasten des Gegners versenkte. 1:0, Gesamtstand 3:0, da sollte eigentlich nichts mehr anbrennen. Jetzt hingen die Europafrüchte zum Greifen nah.

Mit der klaren Führung im Rücken schmeckten Schnitzel, Salat und Äppler gleich noch mal so gut. Dazu das übliche Fußballgequatsche, ein Schnäpschen mit den Tischnachbarn in Ehren – so gemütlich kann grünschnabelgärtnern sein. Den zwischenzeitlichen Ausgleich durch die Gäste machte das Siegtor von Takashi Inui schnell vergessen. Und so ging der Abend nicht nur für uns, sondern auch für die Eintracht mit einer reichen Ernte zu Ende. Denn der Einzug in die Gruppenphase hat wohl ein paar Millionen in die Kasse der Fußball-AG gespült. Am Sonntag müssen die Adlerträger in der Bundesliga gegen Borussia Dortmund ran. Da hängen die Früchte dann ein kleines bisschen höher…

Beerenjagd

„Autsch!“, zischt es auf der einen Seite. „Arrrrgh!“, kommt es von der anderen zurück. Raschel, raschel, plop. Kruschpel, kruschpel, plop, plop. „Aua!“ So geht das jetzt schon eine halbe Stunde… Mit weißem Eimer und Plastikschälchen bewaffnet, wühlen wir uns vorsichtig durch Oma Mohrs Brombeerhecke. Die Johannisbeeren sind längst durch, aber jetzt gelangen ihre blauschwarzen Nachbarn massenhaft zur Reife. Die Vitamin-C- und ballaststoffhaltige Brombeere ist wirklich eine tolle Frucht – mit dem kleinen Nachteil, dass die Sträucher, an denen sie wächst, voller fieser Dornen sind. Da sticht es durch Hemd und Hose, da bleiben kleine Stachel im Fleisch hängen, werden die extra übergestülpten Fahrradhandschuhe in Mitleidenschaft gezogen. Und doch macht es auch Spaß, immer neue schwarze Früchte im Laub zu erspähen und hin und wieder die Dornen, die sie argwöhnisch bewachen, auszutricksen. Manchmal muss man auch aufpassen, dass man nicht in eine der vielen Bienen und Wespen fasst, die in der Hecke ein kleines Paradies sehen, so wie wir.

Schon vor Wochen haben wir vorsichtig mal hier eine, mal da eine Beere genascht, aber jetzt gilt es, den gesamten Ertrag zu sichern: bevor er verkommt – und bevor er womöglich noch gestohlen wird. Dass soll nämlich vor nicht allzu langer Zeit mal in der Anlage passiert sein, so haben wir gehört Nicht nur in einem Garten, sondern gleich in mehreren. Die Täter waren nachts gekommen und hatten alles mögliche Obst und Gemüse geerntet, der einen oder anderen Pächterin sollen ob des herben Verlusts die Tränen gekommen sein.

Abgesehen davon will Oma Mohr wie jede Saison eine ihrer Töchter beliefern. Ebenjene Tochter hat sich in den letzten Jahren darauf spezialisiert, aus den Brombeeren eine köstliche Marmelade zu fabrizieren. Und nicht nur das: Sie verkauft die Marmelade auch. Da wird natürlich ein bisschen Masse gebraucht. Der weiße Eimer fasst 3 Kilo Beeren, und wir sind gespannt, wie viele Eimer es am Ende der Brombeersaison gewesen sein werden. Die ersten drei Kilo hat Oma Mohr letzte Woche geerntet und eingefroren – aber jetzt  ist sie eine Woche verreist, und deshalb hat sie uns gebeten, die nächsten drei Kilo zu pflücken und bei uns einzufrieren. Was wir gerne tun, zumal wir nebenbei ordentlich naschen und einen Teil der Ernte für uns behalten dürfen. Am Ende haben sich die vielen Kratzer und Piekser, die blutroten Hände gelohnt: Rund 3,75 Kilo Früchte bringen wir zu Hause auf die Waage. Das meiste davon frieren wir ein. An den Sträuchern hängen noch viele grüne und rötliche Beeren, die demnächst blauschwarz, also erntereif sein werden. Da könnte locker ein weiterer 3-Kilo-Eimer herausspringen, schätzen wir. Rechnet man die Früchte mit, die man die ganzen Wochen über schnabuliert, sofort verarbeitet oder zum baldigen Verzehr mit nach Hause genommen hat, dann scheint die Hecke 10 bis 12 Kilo Beeren pro Saison abzuwerfen. Nicht schlecht, Frau Specht. Und längst noch nicht das Ende der Früchtestange. Denn in Oma Mohrs Garten stehen ja auch noch ein Zwetschgen-, ein Mirabellen- und ein Apfelbaum…