Grünschnabelgärtner unterwegs

Jeder, der sich gern im kreativen Chaos verliert, braucht hin und wieder neue Inspirationen. Das gilt für Bildhauer, Autoren oder Regisseure ebenso wie für Autobauer, Fliesenleger und Grünschnabelgärtner. Sonst herrschen geistiger Stillstand und die Macht des Immerselben. Deshalb haben wir uns wieder einmal in die weite Welt begeben, um uns neue Anbauideen und Anregungen für Beetverzierungen durch exotische Pflanzenwelten und fremde landwirtschaftliche Techniken zu holen.

QUATSCH!

Wir haben ganz einfach endlich mal Urlaub! Wenn zwei Freiberufler in unterschiedlichen Branchen ihre Termine koordinieren müssen, ist das nicht immer einfach. Aber jetzt, hurra!, hat es für uns das erste Mal so geklappt, dass wir zweieinhalb Wochen am Stück zusammen wegfahren können. Als Ziele haben wir uns die wunderschöne Toskana und das mindestens genauso schöne Venedig ausgesucht. Und natürlich werfen wir, während wir uns entspannt durch die Gegend treiben lassen, auch ein Auge auf die hiesige Vegetation und auf Besonderheiten der Gartenkultur.

Exif_JPEG_PICTURESo haben wir zum Beispiel schon in mehreren Städtchen gesehen, dass Hausbesitzer und Mieter die Vorgärten ihrer Häuser nicht als Ziergärten, sondern als handfeste Gemüsegärten gestalten – eine Idee, die uns sehr gut gefällt. Statt auf Tulpen und bunte Sträucher zeigen die Vorbeiflanierenden auf Kräuter, Erbsen und Tomaten. Auch sind Gurken und Zucchini hier häufig „tiefergelegt“, das heißt in kleinen Rinnen gepflanzt: vielleicht damit sie mehr vom selteneren Regenwasser abbekommen.

Exif_JPEG_PICTUREFaszinierend und die toskanische Landschaft prägend sind natürlich die schlank und hoch wie überdimensionale Hinkelsteine in den Himmel ragenden Zypressen oder die hellgrünen kleinen Olivenbäumchen. Beides haben wir reichlich auch auf dem riesigen Grundstück der Fattoria La Vialla gesehen, eines Bio-Landbaubetriebs, der seine leckeren Produkte in halb Europa vertreibt und eine auch von uns sehr geschätzte Filiale in Frankfurt hat, direkt gegenüber der Fechenheimer „Klassikstadt“. In ihrer Heimat bei Arezzo bringen die La-Viallas ihren Besuchern im Rahmen von Führungen die Produktion von Bioweinen, Pastasoßen, Olivenöl und anderen kulinarischen Verlockungen näher, gleichzeitig vermieten sie kleine Häuschen an Feriengäste. Diese Kombination aus (Bio)Landbau, Verköstigungen und Hotellerie nennt sich „Agriturismo“ und ist in Italien weit verbreitet – auch das eine tolle Anregung fürs deutschsprachige Ausland. Mal was anderes als „Ferien auf dem Bauernhof“… Wir selbst konnten abgesehen von der Führung bei La Vialla noch keinen „Agriturismo“ genießen: Meist muss man dort mindestens 4–5 Tage buchen, und wir bewegen uns eher im 1–2-Nächte-Rhythmus durch die Toskana.

CAM03460Ebenfalls typisch für einige Landstriche hier: die knorrigen, meist windschiefen Pinien, die uns mit ihren schlanken Stämmen und den dunkelgrünen „röschenartigen“ Hauben an riesige Broccoli erinnern. Ein Bild, über das wir immer wieder schmunzeln müssen.

Exif_JPEG_PICTUREUnd wenn wir schon bei Bildern sind, dann dürfen wir die reichen „Früchte und Blüten der Kultur“ nicht vergessen, die wir hier in der letzten Woche schon erleben durften: von den frühchristlichen Mosaiken in Ravenna bis zum prunkvollen Dom im historischen Stadtkern von Siena, wo sich mit dem kunstvoll angelegten Campo auch einer der aufregendsten Plätze Europas befindet. Ziemlich beeindruckend, das. Und Florenz und Venedig kommen erst noch…

Exif_JPEG_PICTUREMan merkt bestimmt: Wir genießen unsere kleine Auszeit sehr. Und wir schicken einen großen Dank an Oma Mohr, die in unserer Abwesenheit auch das von uns gepflanzte Gemüse hegt und pflegt. Wenn wir zurückkommen, werden wir den Garten bestimmt vor lauter Pracht kaum wiedererkennen. Und wir versprechen: Wenn Oma Mohr das nächste Mal verreist, sind wir wieder mit Gießen und Unkrautjäten dran.

 

Streichen, räumen, säen, teilen: Alles neu macht (jetzt mal wirklich) der Mai

DSC_0179„Die Hütte müsste auch mal neu gestrichen werden“, hatte Oma Mohr schon zu Beginn der letzen Gartensaison gesagt. „Klar“, hatten wir damals tatendurstig geantwortet – und das Projekt dann doch immer wieder hintangestellt. Zum einen weil es dauernd Wichtigeres zu tun gab, zum anderen weil wir dann doch nicht die begnadetsten Handwerker sind. Nun hatten wir großes Glück, dass Sannes Bekannter Ingo mal wieder in der Gegend war. Ingo ist ein „Heid’scher“, wie er sagt: Er wohnt in der Lüneburger Heide – und macht als Handwerker wie als Gartenbauer Kunden in seiner Umgebung glücklich. Manchmal hat er auch in unseren Breitengraden zu tun, und so nutzten wir die Gunst der Stunde für einen kleinen Anschlussauftrag.

IMG-20140504-WA0001Aber, wie es sich ergibt: So ein kleiner Auftrag setzt natürlich eine Kette von Zusatzaufträgen und Hausaufgaben in Gang. Die Hütte kann Ingo ja erst streichen, wenn vorher die beim Einbruch neulich beschädigte Tür repariert wird. Das Schloss könnte er bei der Gelegenheit auch gleich auswechseln. Und wenn er schon die Hütte streicht, dann sollte er gleich noch die etwas traurig hinterm Apfelbaum vor sich hin dämmernde Bank reparieren und mitstreichen. Ach ja, im Geräteschuppen würden sich neue Ablageflächen prima machen. Aber dafür wiederum müsste man die dort lagernden Berge an Holz, die Oma Mohr schon seit Jahren loswerden möchte, endlich in den Lagerraum der Gartenanlage schaffen. Überhaupt könnten die Abstellräume mal richtig ausgemistet werden. Und so weiter und so fort…

DSC_0167So wurden aus Ingos Besuch zweieinhalb Tage taffer Arbeit, bei der alle mit anpackten – wie immer trefflich bekocht von Oma Mohr. Die hat jetzt ihre Gartenhütte in einer Farbe, die sie sich schon lange gewünscht hat: Das kleine Refugium strahlt in einem hellen Rot-Braun, fast wie ein Schwedenhaus. Ton in Ton leuchtet die reparierte Bank hinterm Apfelbaum, und in den Abstellräumen ist endlich wieder Platz.

DSC_0181Dass in diesen zweieinhalb Tagen auch ordentlich gepflanzt wurde, versteht sich von selbst. Zwiebeln, Lauch und weitere Salate bereichern nun die Anbaufläche. Noch im Schutz der Hütte warten vorgezogene Kürbisse und Zucchini auf ihren großen Auftritt im Beet. Passend zur „neuen“ Hütte hatten wir kürzlich schon Gemüseneuland betreten und erstmals Erbsen und Kartoffeln gesät. Faszinierend, dass man beispielsweise Kartoffeln einfach nur in die Erde zu stecken braucht, wenn sie keimen. Unser Freund Andy hat uns zu diesem Zweck ein paar Kartoffeln vom „meine ernte“-Gemüsebeet auf Landwirt Kötters Feld in Nieder-Erlenbach geschenkt. Die schmecken super und werden uns intensiv an unsere Grünschnabelgärtner-Anfänge erinnern. Die ersten Blätter kommen schon raus, auch bei den Erbsen.

DSC_0175Letzte Neuigkeit für heute: Wir sind in den Kleingartenverein eingetreten. Kostet nicht viel, und vielleicht kann man auch mal mitreden, wenn es um Fragen, die Anlage betreffend, geht. Anstrengend sind die vielen Seiten an Kleingedrucktem mit allen möglichen Verpflichtungen und Verordnungen, die man vor der Unterschrift lesend bewältigen muss – zum Schmunzeln dagegen unser Mitgliederstatus: Wir sind jetzt offiziell „gartensuchend“. Dabei haben wir doch längst einen Garten gefunden. Und außerdem verstehen wir uns weder als suchend noch als übernahmewillig, sondern in erster Linie als „gartenteilend“. Denn Oma Mohr wird ihren Garten hoffentlich noch viele Jahre behalten und uns das kleine Paradies mitnutzen lassen. „Gartenteilend“ – vielleicht gelingt es ja eines Tages, diesen Mitgliederstatus mit allem, was konzeptionell dazugehört, in der Vereinssatzung zu verankern.