Oma Mohr und der feuerrote Gartenzwerg

Der große Knut

Als Ahnungsloser im Gemüsebeet hat man so seine Klischees im Kopf. Und, seltsam: Obwohl man über Klischees eigentlich spöttelt, bedient man sie auch selbst ganz gern, natürlich mit einem Augenzwinkern. Stichwort: Gartenzwerg. Nicht dass wir fieberhaft auf der Suche nach einem solchen Repräsentanten biedermeierlicher Idylle gewesen wären, aber als Sanne vor einigen Wochen durch die Stadt schlenderte und vor einer Boutique stehen blieb, da wusste sie: So einen muss ich haben. Das Schaufenster der Boutique war mit lauter kniehohen feuerroten Gartenzwergen dekoriert. Sanne ging rein und erfuhr, dass die Zwergendeko demnächst ausgewechselt würde. Einzelne Exemplare seien dann gegen ein paar Euro zu erwerben. Sanne fackelte nicht lange, ließ sich auf die Interessentenliste setzen und erhielt tatsächlich einige Zeit später den Anruf: „Ihr Zwerg möchte abgeholt werden!“

Das perfekte Objekt für den Garten, dachten wir. Aber was würde Oma Mohr wohl dazu sagen? Oma Mohr, so dürfen wir sie in unserem Blog nennen, ist die Pächterin des Schrebergartens, in dem wir zu Gast sind. Sie ist bodenständig und liebt das Natürliche. Ihr Garten soll schön sein und gepflegt, die ganze Pracht soll üppig blühen, aber auf Schnickschnack und Spirenzchen kann sie gut und gerne verzichten. So richtig begeistert würde Oma Mohr wohl nicht sein von einem Gartenzwerg, das war unsere Befürchtung. Und wir lagen nicht ganz falsch. Denn als Sanne unseren kleinen Freund beim nächsten Gartenbesuch hinter dem Rücken hervorzauberte, da wich Oma Mohr für den Bruchteil einer Sekunde zurück. Doch Sanne besitzt Charme und das kleine rote Männchen ein einnehmendes Wesen. Weshalb unsere Gastgeberin schon im nächsten Moment wieder herzlich lächelte. Außerdem hatten wir ja ein kleines Gemüsebeet zur Verfügung gestellt bekommen, das wir gemeinsam zu dritt nach unseren Wünschen beackern dürfen. Und wenn wir schon unsere eigene kleine Scholle in der Scholle haben, dann dürfen wir sie auch dekorieren, wie wir wollen, damit wir uns wohlfühlen. Das hat Oma Mohr gesagt, dazu steht sie. Und so bekam unser Zwerg nicht nur fix einen schönen Platz, sondern gleich auch noch einen schönen Namen: Knut.

Der kleine Knot

Knut hatten wir fleißig schon Freunden und Verwandten gezeigt. Die fanden ihn lustig, nahmen den Ball auf, und so kam es, wie es kommen musste: Als Sanne neulich Geburtstag feierte, da war unter den Geschenken auch eine Miniaturausgabe von Knut. Genauso witzig, genauso feuerrot. Wir tauften ihn Knot. Ein Glück, dass Oma Mohr einmal mehr keine Einwände hatte. Das soll es dann aber auch gewesen sein zu diesem Thema – wir wollen unsere Gastgeberin ja nicht verärgern!

Ansonsten tummeln sich natürlich viele andere Gartenzwerge in der riesigen Schrebergartenanlage – vornehmlich Kinder, die auf den Wegen und in Nachbargärten reichlich Gelegenheit zum Toben finden. Aber es gibt auch grimmigere Vertreter: wie die beiden merkwürdigen Latzhosengestalten, die neulich Schrebergarten für Schrebergarten abklapperten, sich als Dachdecker ausgaben und neue Dächer für die Gartenhütten verkaufen wollten. Hereingebeten in die Anlage hatte sie wohl niemand. Trotzdem: Höflich fragen dürfen sie ja mal, ok. Aber die beiden Waldschrate waren derart aufdringlich und respektlos, dass man schon ein wenig bestimmt werden musste, um sie wieder lozuwerden. Obwohl Oma Mohr mehrmals höflich abgelehnt hatte, hielt ihr der eine permanent den Wellblechdach-Katalog unter die Nase, während der andere, eine Zigarette qualmend, schon fleißig mit dem Ausmessen der Hütte begann. Es wunderte uns, dass das sinistre Duo eine Dreiviertelstunde später immer noch auf dem Gelände war und samt Wellblechdach und Werkzeug an uns vorüberzog – offensichtlich hatte sich doch noch ein armer Gärtner nötigen lassen.

Gruppenbild mit Eintracht-Zwerg und Mr. X

Nachklapp zum Thema Gartenzwerg: Natürlich bedienen wir das Klischee mit einem Augenzwinkern auch zu Hause. Auf dem Schreibtisch steht der lustige kleine Jubelzwerg von Eintracht Frankfurt: die Fäuste geballt, auf den Knien ein Tor, ach was, den Sieg feiernd. „Schwarz-weiß wie Schnee…“ – ein bisschen Lokalpatriotismus muss schon sein.