Darf’s auch ein bisschen weniger sein?

Was macht eigentlich Landwirt Sven Kötter? Gleich an zwei Sonntagen waren die Sprechstunden ausgefallen, und zum ersten Ersatztermin konnten wir nicht kommen. Zur nächsten Sprechstunde abends um halb acht fahren wir frühzeitig los, denn wir wollen vorher noch ein paar Rankhilfen für die Bohnen und verschiedene Setzlinge besorgen. Als wir pünktlich Richtung Parzelle marschieren, sehen wir auch schon Herrn Kötter, wie er das arg vernachlässigte Nachbarbeet filmt und fotografiert. So langsam weiß er nicht mehr, was er in dieser Angelegenheit noch machen soll – dort, wo er Zucchini und Kürbisse gepflanzt hat, sprießt das Unkraut mittlerweile mannshoch. Am meisten aber ärgert ihn, dass so viel kostbares Gemüse verkommt.
Auch heute wieder gibt es unglaublich viel zu ernten. Sage und schreibe 15 verschiedene Gemüse- und Kräutersorten sind es, die wir am Ende mit nach Hause bringen, zuzüglich Blumen. Das sind 2 Sorten mehr als beim letzten Mal. Und während dieser Blogeintrag entsteht, betätigt sich Sanne als Erbsenzählerin (so kenne ich sie gar nicht!) und als Logistikerin. Wie sollen die rübezahlkeulengroßen Zucchini, Spitzkohl, Rotkohl und all das andere Zeug in den Kühlschrank gehen? Sanne findet ein paar passende Lösungen – und den Rest werden dankbare Freunde erledigen. Die schicken uns mittlerweile schon Fotos von den leckeren Gerichten, die sie aus unseren Beetmitbringseln gezaubert haben.

Was wir heute gelernt haben:
Erstens: Die Getreideernte läuft für die Landwirte in diesem Jahr wegen des vielen Regens miserabel: „Eine Katastrophe“, findet Herr Kötter. Deshalb hatte er sich spontan eine Woche Urlaub gegönnt, auf Pellworm.
Zweitens: Tomaten sind mit Kartoffeln verwandt, weshalb nun auch einige Tomatenpflanzen auf dem Gesamtfeld die Krautfäule erwischt hat. Bei unseren Tomaten hält sich die Fäule in Grenzen, aber wir müssen noch viel gründlicher ausgeizen. „Eigentlich soll nur ein klarer Hauptstamm mit den entsprechenden Blättern in die Höhe wachsen, alles andere muss weg.“ Was genau „alles andere“ ist, bleibt für uns im Dunkeln. Zwar zeigt uns der Fachmann noch einmal genau, wie es geht, aber als wir später selbst Hand anlegen, sind wir ziemlich unsicher: Welches ist denn verdammt noch mal der Hauptstamm? Und was sind die Geiztriebe?
Drittens: Viele Pflanzen haben männliche UND weibliche Blütenstände, zum Beispiel der Zuckermais. Meine Herren, das geht ja wild zu in unserem Beet…
Viertens: Wo wir geerntet haben und nicht mehr nachsäen wollen, können wir Kohl- und andere Pflanzenblätter liegen lassen: Sie dienen als Nährstoffe für den Boden.
Und fünftens: Karotten erntet man nicht durch Tauziehen oder Drehen, wie uns aus dem Bekanntenkreis noch kolportiert wurde, sondern durch regelrechtes Ausheben. Dazu nimmt man am besten das Gartengerät, das aussieht wie eine gigantische Gabel, sticht ein paar Zentimeter neben dem Karottengrün in die Erde, schiebt mit dem Fuß nach und hebt dann vorsichtig die Erde an. Anschließend kann man die Karotten, ähnlich wie die Kartoffeln, relativ leicht am Stück aus der Erde lösen. Gesagt, getan. Und dann ist auch Schluss für heute.

 

Kinder, seid ihr groß geworden!

Wir waren gewarnt worden: Alle paar Tage Zucchini ernten, sonst werden sie riiiiieeeeesengroß, hatte Landwirt Kötter gesagt. Und tatsächlich: Als wir heute nach einer Woche Pause aufs Beet kommen, entdecken wir unter den Zucchiniblättern gleich mehrere gigantische dunkelgrüne Apparate. Am Ende sind es fünf übergroße und drei kleine, „normale“ Zucchini, die wir abschneiden, und die nächsten Früchte sind schon im Kommen – sicher auch ein Ergebnis der starken Regenfälle der letzten Tage. Übergroße Zucchini würden an Geschmack verlieren, heißt es, aber später zu Hause werden wir feststellen, dass das nicht immer stimmt.

ZucchiniAuch die Tomaten – ausgerechnet die Tomaten! – haben sich ganz gut gehalten, ebenso wie die Plastikhauben, die wir nach dem Ausgeizen der Triebe noch einmal nachjustieren. Und: Ist da nicht schon die erste murmelgroße grüne Frucht zu erkennen? Yippie! Mangold gibt es zu ernten, Petersilie und immer wieder Erbsen. Ein paar Kartoffelkäfer sind noch zu beseitigen (immer noch echt eklig, auch wenn wir sie diesmal ersäufen) und die Beetgrenzen wieder freizuschneiden – an einigen Stellen waren sie üppig zugewachsen. Sorgen macht uns heute höchstens das nach wie vor nur halbherzig gepflegte Nachbarbeet, auf dem es hier und da regelrecht wuchert und krabbelt. Junge, Junge! Unkraut und Ungeziefer können da sicher leichter auf unser Beet übergreifen. Aber das wird sich auch noch irgendwie regeln lassen.

 

Blatt oder Stängel?

Nach dem Einzug der deutschen Elf ins EM-Halbfinale und kurzen Eindrücken vom Frankreich-Debakel gegen Spanien kommen wir heute mit leichtem Fußballblick aufs Beet. Die Dreierkette Tomaten, der wir mit erneuerten Plastikhauben doch noch mal eine Chance gegeben haben, könnte besser stehen. Auch das Abwehrbollwerk aus Kartoffeln zeigt sich einmal mehr anfällig für Tempogegenstöße der Kartoffelkäfer. Aufbauarbeit und Ausputzertätigkeiten sind gefragt, auch die eine oder andere Blutgrätsche. Das Prunkstück unseres Beets ist aber nach wie vor das Mittelfeld – mit Zuckererbsen, Zucchini, Mangold und den Resten vom Spinat. Hier bietet unser Kader einfach jede Menge Qualität. „meine ernte“ heißen die Beetanbieter – und diesem Motto folgen wie heute besonders ausgiebig.

Was können oder sollten wir jetzt anstelle der abgeernteten Salate und Kohlrabi pflanzen? Das hätten wir gerne Landwirt Kötter gefragt, doch der ist heute zur Sprechstunde leider verhindert. Hoffentlich nichts Ernstes. Und es gibt weitere Fragen zu klären: Eine Beetnachbarin macht uns auf zwei verschiedene Sorten Erbsen aufmerksam, die für uns gepflanzt wurden: Zuckererbsen und Erbsen. Aber welche sind welche? Und wann werden sie jeweils geerntet? Für uns sahen bisher alle Erbsenpflanzen gleich aus, und wir haben die Schoten – mal flach, mal dick und prall gefüllt – unterschiedslos geerntet und im Salat verarbeitet.

Auch der Mangold, dessen riesige grün-orangefarbenen Blätter jetzt offenbar schon geerntet werden können, wirft Fragen auf: Eine andere Beetnachbarin sagt, die Stile seien verzichtbar. Später aber erhalten wir von Sannes Tante, in Gemüsedingen kompetent und absolut integer, den Hinweis, dass gerade die Stile eine besondere Delikatesse darstellen, ähnlich wie Spargel. Ein wertvoller Tipp“. Doch Gartenarbeit macht hungrig. Deshalb machen wir einen Abstecher zum Dottenfelderhof-Fest in Bad Vilbel, wo wir uns mit deftiger Bratwurst und leckerem Kuchen stärken. Jetzt kochen wir erst mal fürs EM-Halbfinale vor und freuen uns auf weitere Kommentare: Vielleicht haben ja die einen oder anderen Leser ein paar Tipps für uns.

Unsere Ernte

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