…uuuuund Äktschen!

„Wären Sie bereit, sich als Grünschnabelgärtner filmen zu lassen?“ Wir waren ganz schön überrascht, als vor ein paar Wochen Filmemacher Broka Herrmann auf uns zukam. Er drehe einen Film über die „Rückkehr der Gärten“, das „Gärtnern als Trend“. Neben dem klassischen Schrebergartentum seien auch neuere Phänomene wie „Urban Gardening“ oder „meine ernte“ Thema, so Herrmann, und auf der Suche nach potenziellen Mitwirkenden sei er unter anderem auf unseren Blog gestoßen. Die Offenheit, Lockerheit und Selbstironie, mit der wir uns als „Ahnungslose“ outen, hätten sein Interesse geweckt. Broka Herrmann, das wussten wir, hatte für seine einfühlsame Reportage „Steffi Jones: Mein Leben“ den Internationalen Medienpreis der Stadt Frankfurt erhalten. Eine Haudraufreportage würde es also nicht werden, dachten wir, und obwohl uns bei dem Gedanken, vor der Kamera zu grünschnabelgärtnern, ziemlich mulmig wurde, waren wir doch auch neugierig darauf zu sehen, wie so ein Dreh abläuft. Also sagten wir grundsätzlich zu.

Nach einem netten Vorgespräch mit dem Filmemacher und Landwirt Sven Kötter vor Ort im Beet war endgültig klar: Wir packen’s an. Und so kam es letzten Mittwoch ab 14 Uhr bei traumhaftem Wetter zu einem anstrengenden, aber auch sehr lustigen Dreh zwischen Bohnen, Tomaten und Riesenzucchini. Broka Herrmann hatte „Steffi Jones“-Kameramann Marc Nordbruch dabei, und wir waren froh, dass unsere Freundin Heike uns nicht nur begleitete, sondern auch tatkräftig mit anpackte und moralisch unterstützte. Soooo viel Unterstützung war aber zum Glück gar nicht nötig, denn die beiden Fernsehprofis verstanden es bestens, keinen Stress aufkommen und uns einfach machen zu lassen.

Und so machten wir vor der Kamera das, was wir immer machen, wenn Beetsprechstunde ist: Wir liefen mit Herrn Kötter die Parzelle ab, stellten ahnungslos Fragen und ließen uns erklären, was als Nächstes zu tun sei. Dabei hatten wir einige Aha-Erlebnisse: etwa als Herr Kötter ausgerechnet die verschrumpeltste und vergilbteste Bohne herauspflückte, aufbrach und ein paar wunderbare dunkle Feuerbohnen zum Vorschein brachte; oder als er einen der von dunklen Puscheln gekrönten, grün ummantelten Maiskolben abnahm und wie eine Banane schälte; oder als er uns ermunternte, endlich ein paar der kleinen gelben Tomaten zu ernten. Tatsächlich, die Dinger waren superreif und schmeckten wunderbar intensiv! Stolz wie Oskar ließen wir auch die anderen mal probieren.

Geschlagene drei Stunden ackerten wir im Feld: ernteten, erhielten eine Extralektion in Sachen Ausgeizen und setzten – es war der letztmögliche Saisontermin – noch ein paar Salatpflanzen ein. Als wir damit loslegten, schüttelte Herr Kötter schmunzelnd den Kopf: „Ihr wollt was einsetzen und überseht die riesige Unkrautpflanze mitten im Beet? Ts, ts, ts… Und der Boden sollte etwas kräftiger aufgelockert werden, etwa so…“ Minuten später gruben wir auf der vorbereiteten Fläche mit den Händen ein paar Löcher und hauten die Setzlinge in den Boden – die Kamera immer hautnah dabei. Dann etwas Wasser drauf und warten. Vor dem Heimweg noch mal gießen und mit einem Netz abdecken. Denn Hasen und Rehe haben immer Hunger…

Zu Hause ging es dann ohne Heike und ohne Landwirt noch weiter. Was machen die Grünschnabelgärtner mit ihrem Gemüse? Wie leben und denken sie? Und wie schreiben sie ihren Blog? Als Broka Herrmann und Marc Nordbruch um 20.15 Uhr von dannen zogen, waren wir aufgedreht, aber auch völlig platt! Wir hatten ganz vergessen, zwischendurch etwas zu essen, und ständig schwirrten uns die Bilder des Tages durch den Kopf. So muss es auch der „meine ernte“-Kundin aus Düsseldorf gegangen sein, die ebenfalls für die Story gefilmt wurde – und die sogar unseren Blog kennt. Wir senden an dieser Stelle herzliche Grüße nach Düsseldorf und an das „meine ernte“-Team. Und natürlich sind wir gespannt, wie all die Schreber-, Urban-, Hobby-, Guerilla- und Grünschnabelgärtner im fertigen Film rüberkommen. „Ach du grüne Neune“, vorläufiger Sendetermin: 23. September, ZDF.

 

As time goes by…

Es grünt so grün und welkt so welk… Ende August strotzt das Beet vor grellen Farben und lässt doch hier und dort erahnen, dass es irgendwann zu Ende geht mir dieser Saison. Etliche Sonnenblumen haben ihre gelben Blätter oder einen Teil davon verloren, Kohlblätter lösen sich im Lehmboden auf, und wo noch vor kurzem Kürbis- wie Zucchinipflanzen einen kniehohen Dschungel bildeten, gibt es wieder genügend lichte Stellen, die das Umhergehen im Beet erleichtern. Den Eindruck des beginnenden Verfalls verstärkt die vernachlässigte Nachbarparzelle: Um Unkraut und Gemüsefäule zu stoppen, hat Landwirt Sven Kötter sie größtenteils plattgemacht.

Aber wie gesagt: Noch ist reichlich Leben im Beet. Und noch wartet Gemüse auf sein endgültiges Coming-out. Allem voran die Tomaten, die sich allmählich als gelbe Cocktailtomaten erweisen. Dank der Hitze der letzten Tage sind hier deutlich ernstzunehmende Früchte zu erkennen. Durch fleißiges Ausgeizen erleichtern wir ihnen die Reife. Die nachgepflanzten Salate und Kohlsorten entwickeln sich prächtig, weshalb wir schnell noch etwas Rucola einsetzen. Und übermorgen wollen wir die letzten Salate platzieren – nur wenig später gehe nichts mehr, hat Herr Kötter gesagt.

Es mag kitschig, banal oder pathetisch klingen: Aber im Beet wird man innerhalb weniger Wochen und Monate Zeuge des ewigen Kreislaufs von Werden und Vergehen. Faszinierend zu sehen, wie sich aus zarten Trieben kräftige Pflanzen entwickeln und welche Energien sie allen Wetterwidrigkeiten und aller Grünschnabelpflege zum Trotz entfalten. Und es stimmt melancholisch, wenn sich die Blüte dem Ende zuneigt. Deshalb füllen wir schnell mit Clemens, unserem heutigen Begleiter, die Erntetaschen. In Trauer brauchen wir aber nicht zu versinken. Denn wir wissen ja: Bis Ende Oktober wird das Feld noch einige Überraschungen für uns bereithalten. Und: Irgendwann geht alles wieder von vorne los.

Keine Zeit? Vergiss es!

Auf unserem Wunschbeet steht ein kleiner Chinakohl. Der lässt sich mächtig Zeit. Wir wissen nicht mehr, wie er dahingekommen ist, ob wir ihn gesät oder als Setzling dort hingepackt haben. Auf jeden Fall zeigt er seit Wochen nur ein paar kleine Blätter, mehr nicht. Er geht nicht ein, aber er wächst auch nicht. Schon mehrmals wollten wir das zarte Pflänzchen als Unkraut entfernen, aber Landwirt Kötter hat es eindeutig als Kohl identifiziert. Während alles um ihn herum schießt und sprießt, sagt sich der grüne Winzling: Ich habe mein eigenes Tempo. Dass irgendwann die Saison zu Ende ist, scheint ihn nicht zu interessieren. Er hat die Zeit vergessen.

Sanne + BlumenDie Zeit vergessen – das haben auch wir gestern im Beet. Nach ein paar Erledigungen in der Stadt waren wir mittags gegen halb zwei, zwei draußen in Nieder-Erlenbach. Es war ein toller Sommertag, und wie so oft ging es uns nur darum, schnell nach dem Rechten zu sehen. Schließlich wollten wir zu Hause noch mal an den PC und abends ab sechs mit Freunden zum Picknicken an den Main. Aber dann war da das Gespräch mit der netten Nachbarin vom übernächsten Beet – über Erbsen, Bohnen und die schwer vernachlässigte Parzelle zwischen unseren Beeten. Dann die nach wie vor bunte Pflanzenpracht auf dem ganzen Gelände. In Gedanken versunken genossen wir den Anblick, ernteten Gemüse und rupften Unkraut. Ein Rundgang mit dem Fotoapparat ergab sich von selbst. Sieh mal da, Artischocken. Klick! Und dort, sind das nicht Malven? Klick, klick! Ein wunderschöner Blick durch den Blätterwald zu den Sonnenblumen am Ende… Klick, klick, klick!

Durchatmen, Eindrücke sammeln, Abschalten pur. Und irgendwann die Frage: „Wie spät ist es eigentlich?“ Ooops, schon halb fünf! Damit hatten wir nicht gerechnet. Wir wollten doch auch noch kurz zum Supermarkt. Etwas in Eile, aber tiefenentspannt und bester Laune verließen wir das Feld. Der kleine Chinakohl schaute uns kopfschüttelnd hinterher.