Erntestress

Gibt es ihn eigentlich schon, den Psychoratgeber für angespannte Gartenfreunde? „Wenn Grünschnäbel zu sehr gärtnern“? Oder: „Raus aus der Erntefalle – Wie Sie Stress im Gemüsebeet vermeiden“? Diese und ähnliche Fragen beschleichen uns, als wir uns gestern Vormittag einmal mehr mit Unmengen „reifen“ Gemüses konfrontiert sehen.

Zum Glück haben wir heute unsere Freunde Claudia und Stefan dabei, die nicht nur ein paar Fotos beisteuern, sondern uns auch einen Teil der Erntelast abnehmen. Landwirt Sven Kötter ist natürlich auch da, denn heute ist ja Sprechstunde. Beruhigend seine Information, dass die vielen orangefarbenen Kürbisse, die da unter den Blättern hervorlugen, zwar schon recht weit sind, aber durchaus noch etwas liegen bleiben können. Dafür ist so gut wie alles andere erntereif, bis hin zu den mittlerweile riesigen Sonnenblumen, die fast schon ein bisschen zu lange stehen geblieben sind. Auch den ersten selbst gepflanzten Blumenkohl von unserem Wunschbeet sollen wir mitnehmen, zumal wir ihn nicht rechtzeitig geschützt und mit seinen eigenen Blättern zugedeckt haben, wie uns Herr Kötter erklärt. Den anderen Blumenkohl sollen wir möglichst am Mittwoch ernten, denn: „Blumenkohl und Broccoli sind zwei Gemüsesorten, die man auf den Punkt ernten muss!“

 

Zucchini, Karotten, Bohnen, Mangold, Möhren, Rote Beete, Petersilie und… und… und… wir sacken ein, was geht, denn verkommen lassen wollen wir die feinen Lebensmittel ja auch nicht. Und genau das ist die Erntefalle, in die man geraten kann: das Hin- und Hergerissensein zwischen dem Gefühl der Überforderung und der Überzeugung, dass die Vernachlässigung des Beets eine Schande wäre. Wir sehen es ja auf dem verwaisten Nachbarbeet: Dort faulen so viele leckere Sachen einfach vor sich hin. Mit dem Ernten ist es aber noch nicht getan: Zu Hause geht es ans Lagern und Verarbeiten – das macht zwar großen Spaß, kostet aber auch zusätzliche Zeit.

Dennoch genießen wir einmal mehr die Zeit an der frischen Luft, umgeben von sprießendem Gemüse und einer bunten Blumenpracht. Das Graben, Schneiden, Ausheben und Fachsimpeln verursacht nach wie vor tolle Gefühle – auch wenn das gute Zeug etwas langsamer wachsen könnte…

Fußballblumen

Ob „meine ernte“ einen Deal mit der UEFA hat? Jedes Mal, wenn dieser Tage im Fernsehen Fußball kommt, sprießen bunte Blumen aus dem Boden und wachsen sich in Windeseile zum Logo der Fußballeuropameisterschaft aus. So wird man vor, zwischen und nach den Spielen, aber auch bei jeder Wiederholung in Zeitlupe, immer wieder ans Gießen und Unkrautjäten erinnert. Das kann doch kein Zufall sein!

Ehrlich gesagt haben wir die Erinnerung zurzeit auch in wenig nötig. Denn während Jogis Jungs spätestens nach dem Erfolg gegen Holland die Saat für eine erfolgreiche EM ausgelegt haben, sind wir durch familiäre Verpflichtungen, beruflichen Stress, eine kleine Sommergrippe und eben den einen oder anderen Fußballkracher, auch ohne deutsche Beteiligung, vom Besuch unseres Gemüsebeets abgehalten worden. Zum Glück hat es immer wieder geregnet, so dass wir uns um das Wohl des Gemüsebeets nicht allzu große Gedanken machen müssen. Aber möglichst bald sollten wir wieder Unkraut jäten und vor allem die restlichen Salate ernten, sonst verkommen sie. Das wäre unverzeihlich!

„Zum Glück hat es immer wieder geregnet…“ Seltsam, wie anders man mit einem Gemüsebeet im Rücken das Wetter bewertet. Früher konnte es uns in den Sommermonaten nie heiß und trocken genug sein. Jetzt haben Regenschauer und Wolkenbrüche mitunter etwas Beruhigendes, Entlastendes. Wir denken daran, wie unwichtig uns früher Meldungen erschienen, dass Landwirte angesichts des trockenen Wetters um ihre Ernte fürchten. Ohne Wasser geht nix im Leben – da darf es ruhig ab und zu auch mal von oben kommen.     EM-Logo

 

Im „grünen“ Bereich

Sechs Tage sind seit unserem letzten Besuch vergangen, und inzwischen ist es sommerlich heiß. Wollen wir die Kartoffeln nicht irgendwann gleich als Bratkartoffeln ernten, sollten wir allmählich mal wieder gießen. Unter der Woche hat es leider nicht geklappt – so ist das eben, wenn zwei selbstständige Großstädter Aufträge reinbekommen und von Termin zu Termin hetzen.

Auch „meine ernte“ hat im aktuellen Newsletter ans Gießen erinnert, das man möglichst morgens oder abends erledigen sollte, damit die nassen Blätter in der Mittagshitze nicht unter einem Brennglaseffekt leiden. Außerdem wurde das Entfernen der Netze empfohlen, damit es den Pflanzen nicht zu heiß wird, verbunden mit dem Rat, den Erbsen ein paar Rankhilfen in Form von Bambus oder anderen Stäben zu geben. Damit ist das Arbeitspensum für den heutigen Samstagmorgen umrissen. Auf dem Hinweg wollen wir schnell noch beim Baumarkt besagte Rankhilfen kaufen, aber leider gibt es dort nur hölzerne oder stählerne Ungetüme – nichts, was unsere Erbsen wirklich weiterbringen würde. Also fahren wir erst mal weiter zum Beet und checken die Lage.

Zum Glück hat der Boden hier und da noch Feuchtigkeit, und insgesamt scheint alles im grünen Bereich. Besser noch: Die Bohnen, die ich beim letzten Mal vermeintlich massakriert hatte, haben sich berappelt und sprießen ordentlich! Na, das nennen wir doch mal ein Erfolgserlebnis! Ebenfalls gut fürs Selbstbewusstsein: Allmählich erkennen wir schon das eine oder andere Gemüse, auch wenn wir hier und da noch den Anbauplan zu Hilfe nehmen müssen. Der Spinat ist so weit, dass wir uns einige Blätter abschneiden können. Auch Radieschen lassen sich teilweise schon ernten. Dabei machen wir allerdings eine Entdeckung, die uns mehr als peinlich ist. Sollen wir das wirklich beichten oder besser für uns behalten? Ach, was soll’s, dafür ist dieser Blog ja da. Also: Die Entdeckung besteht für uns darin, dass wir die Radieschen nur einzeln aus der Erde ziehen und nicht etwa im Bund, wie wir sie doch im Supermarkt immer kaufen. Bisher hatten wir stets die roten Knollen abgebissen oder entfernt und anschließend das gesammelte Grün entsorgt, ohne zu registrieren, dass es sich letztlich um lauter einzelne Radieschen handelt. Ja, wie dämlich ist das denn? Wo immer wir später davon erzählen, ernten wir Kopfschütteln und Lacher. Allerdings: Sind wir wirklich die Einzigen so Ahnungslosen?

Von den Blumen, die wir gepflanzt haben, ist noch nichts zu sehen. Aber so ein Beet steckt ja voller Überraschungen, schaumermal…  Jetzt heißt es Unkraut rupfen und ordentlich gießen, was uns schon recht selbstverständlich von der Hand geht. Dann beschließen wir, kurz zum nahegelegenen Pflanzenhändler zu fahren, um die Rankhilfen für die Erbsen zu besorgen. Doch auch hier werden wir nicht fündig.

Aber irgendetwas müssen wir doch mitnehmen… Also kaufen wir mutig ein paar Blumenkohl-, Sellerie- und Paprikapflanzen, um sie auch noch in unser Wunschbeet einzuzusetzen. Auf dem Weg zurück kommen wir dann an einem Waldstück vorbei, das voller abgebrochener Äste ist. Heute sind wir nicht nur mutig, sondern auch kreativ: Warum nicht diese Äste als Rankhilfen benutzen? Und: Hatten wir das nicht auch auf den Fotos im „Meine Ernte“-Newsletter gesehen? Gesagt getan. Wenig später stecken die Baumreste bei den Erbsen im Beet und Sellerie- wie Blumenkohlpflanzen in der Erde. Noch mal gießen, und dann ist die Arbeit für heute getan. Gelegenheit, noch kurz einen anderen kreativen Hobbygärtner bei der Arbeit zu beobachten. Dessen Beet liegt nahe bei einem der Wassertanks, und der Kollege hat offenbar wenig Zeit: Deshalb flitzt er mit gefüllter Gießkanne zu seinem Beet, um zu gießen, und lässt gleichzeitig Wasser in die nächste Gießkanne laufen. Damit die Kanne nicht überläuft und kein Wasser verschwendet wird, muss er sich schon ziemlich beeilen, was nicht unlustig aussieht.  Wir sind sicher: Auch Landwirt Kötter hätte bei diesem Anblick seinen Spaß!

ted, Äste, Zuckererbsen

Rankhilfe oder Gärtnerstütze?