Beerenjagd

„Autsch!“, zischt es auf der einen Seite. „Arrrrgh!“, kommt es von der anderen zurück. Raschel, raschel, plop. Kruschpel, kruschpel, plop, plop. „Aua!“ So geht das jetzt schon eine halbe Stunde… Mit weißem Eimer und Plastikschälchen bewaffnet, wühlen wir uns vorsichtig durch Oma Mohrs Brombeerhecke. Die Johannisbeeren sind längst durch, aber jetzt gelangen ihre blauschwarzen Nachbarn massenhaft zur Reife. Die Vitamin-C- und ballaststoffhaltige Brombeere ist wirklich eine tolle Frucht – mit dem kleinen Nachteil, dass die Sträucher, an denen sie wächst, voller fieser Dornen sind. Da sticht es durch Hemd und Hose, da bleiben kleine Stachel im Fleisch hängen, werden die extra übergestülpten Fahrradhandschuhe in Mitleidenschaft gezogen. Und doch macht es auch Spaß, immer neue schwarze Früchte im Laub zu erspähen und hin und wieder die Dornen, die sie argwöhnisch bewachen, auszutricksen. Manchmal muss man auch aufpassen, dass man nicht in eine der vielen Bienen und Wespen fasst, die in der Hecke ein kleines Paradies sehen, so wie wir.

Schon vor Wochen haben wir vorsichtig mal hier eine, mal da eine Beere genascht, aber jetzt gilt es, den gesamten Ertrag zu sichern: bevor er verkommt – und bevor er womöglich noch gestohlen wird. Dass soll nämlich vor nicht allzu langer Zeit mal in der Anlage passiert sein, so haben wir gehört Nicht nur in einem Garten, sondern gleich in mehreren. Die Täter waren nachts gekommen und hatten alles mögliche Obst und Gemüse geerntet, der einen oder anderen Pächterin sollen ob des herben Verlusts die Tränen gekommen sein.

Abgesehen davon will Oma Mohr wie jede Saison eine ihrer Töchter beliefern. Ebenjene Tochter hat sich in den letzten Jahren darauf spezialisiert, aus den Brombeeren eine köstliche Marmelade zu fabrizieren. Und nicht nur das: Sie verkauft die Marmelade auch. Da wird natürlich ein bisschen Masse gebraucht. Der weiße Eimer fasst 3 Kilo Beeren, und wir sind gespannt, wie viele Eimer es am Ende der Brombeersaison gewesen sein werden. Die ersten drei Kilo hat Oma Mohr letzte Woche geerntet und eingefroren – aber jetzt  ist sie eine Woche verreist, und deshalb hat sie uns gebeten, die nächsten drei Kilo zu pflücken und bei uns einzufrieren. Was wir gerne tun, zumal wir nebenbei ordentlich naschen und einen Teil der Ernte für uns behalten dürfen. Am Ende haben sich die vielen Kratzer und Piekser, die blutroten Hände gelohnt: Rund 3,75 Kilo Früchte bringen wir zu Hause auf die Waage. Das meiste davon frieren wir ein. An den Sträuchern hängen noch viele grüne und rötliche Beeren, die demnächst blauschwarz, also erntereif sein werden. Da könnte locker ein weiterer 3-Kilo-Eimer herausspringen, schätzen wir. Rechnet man die Früchte mit, die man die ganzen Wochen über schnabuliert, sofort verarbeitet oder zum baldigen Verzehr mit nach Hause genommen hat, dann scheint die Hecke 10 bis 12 Kilo Beeren pro Saison abzuwerfen. Nicht schlecht, Frau Specht. Und längst noch nicht das Ende der Früchtestange. Denn in Oma Mohrs Garten stehen ja auch noch ein Zwetschgen-, ein Mirabellen- und ein Apfelbaum…

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