Landwirt Sven Kötter im Interview: Saisonfazit 2012

Nach dem „meine ernte“-Team blickt auch unser Nieder-Erlenbacher Beet-Guru mit uns auf die abgelaufene Saison zurück

Herr Kötter, ahnungslose Städter ans Gärtnern heranführen – warum tun Sie sich das an?

Als das Projekt begann, war ich auf der Suche nach neuen Wegen, meine Betriebserträge zu steigern beziehungsweise abzusichern. Des Weiteren habe ich großen Spaß daran, Städtern beizubringen, dass für das tägliche frische Gemüse doch etwas mehr Arbeit notwendig ist, als so mancher denkt.

Hat Ihr Feld die Saison gut überstanden?

Das Feld hat die Saison gut überstanden. Da es pünktlich am Ende der Saison angefangen hat zu regnen, musste die Weizeneinsaat für 2013 bis 17.11. warten.

Können Sie irgendwelche Erfolge vermelden?

Nein.

Gab es irgendwelche Verluste?

Bedauerlicherweise wurden dieses Jahr 3 Hacken und eine Grabgabel kaputt gemacht, leider wurde das meiste davon von den Gärtnern nicht ersetzt.

Ihre schönste Erfahrung in dieser Saison?

Die Saison ist eigentlich so gelaufen wie geplant.

Was war Ihre unangenehmste Erfahrung, was hat Sie am meisten geärgert?

Jedes Jahr sind leider ein Paar Gärtner dabei, die trotz Hinweisen das Unkraut wachsen lassen. Auch könnte der eine oder andere mehr ernten, zum Beispiel waren im Oktober noch Kartoffeln da. Wirklich geärgert habe ich mich über nicht weggeräumte Gartengeräte, Abfälle oder offen gelassene Wassertanks.

Was war die lustigste oder seltsamste Frage, die Ihnen von Hobbygärtnern gestellt wurde?

„Warum sind Kartoffelkäfer auch an Auberginen und Paprika?“ Eigentlich klar, sie sind mit Kartoffeln verwandt.

Wir ahnungslosen Städter haben viel von Ihnen gelernt. Gibt es vielleicht auch etwas, das Sie von den ahnungslosen Städtern gelernt haben? 

Nein.

Was haben Sie von dem Arrangement mit „meine ernte“?

Ich bin mit dem Arrangement sehr zufrieden. Die Zusammenarbeit mit „meine ernte“ klappt hervorragend.

Sie haben jetzt das dritte Jahr mit „meine ernte“ zusammengearbeitet. Was hat sich in den drei Jahren verändert?

Am Anfang wurde nur mit ca. 30 Gärtnern begonnen, diese habe ich in der  Saison fast alle mehrfach gesehen. Nun sind es über 70 Gärtner, die ich leider nicht alle sehe – was schade ist, da ich diesen keine Hilfe geben kann.

Müssen Sie sich als Landwirt eigentlich auch mal weiterbilden? Wenn ja, in welcher Form?

Auch ein Landwirt oder Gärtner muss sich weiterbilden. Das tue ich zum Beispiel über Fachzeitungen, Vorträge, aber auch übers Internet.

Als Landwirt haben Sie sicher wenig Freizeit. Können Sie trotzdem auch mal Urlaub machen? Und wenn ja: Wohin fahren Sie, wie lange können Sie wegbleiben?

In der Regel fahre ich im Winter für  2–3 Wochen in den Urlaub, mal ins Warme oder in den Schnee. Im Sommer ist Urlaub sehr von der Ernte abhängig. Wenn möglich, fahre ich auch da noch eine Woche weg.

Ciao, Gemüsebeet!

Saisonende.
Schluss. Aus. Vorbei.
„meine ernte“ hat darum gebeten, die Parzellen abzuernten und von allen Rankhilfen, Gartengeräten und sonstigen nicht aufs Beet gehörigen Gegenständen zu befreien. Schließlich will Landwirt Sven Kötter nach dem Stichtag 31. Oktober irgendwann das Feld umpflügen, und da könnten im Boden vergessene Stahl- und Holzteile schon mal den Traktor zerlegen. Also räumen wir Netze, Bambusstäbe, Tomatenstangen und Plastikfolien zusammen, greifen uns die letzten beiden Salate, buddeln die verbliebenen fünf Pastinakewurzeln aus und schneiden noch ein paar Kräuter ab – Petersilie, Zitronenmelisse. Na ja, viel mehr ist auch nicht mehr da. Und dann, was sollen wir sagen, war’s das mit dem Gemüsebeet. Wir steigen ins Auto und fahren zurück nach Frankfurt. Ohne rauschendes Abschlussfest und etwas sang- und klanglos vielleicht – aber wahrscheinlich sind viele Hobbygärtner auch einfach für den Moment mal froh, keine weiteren Gartenverpflichtungen zu haben.

Schön war’s trotzdem, halten wir für’s Erste fest und kündigen weitere Blogeinträge an, inklusive Fazit. Und Ausblick. Denn die nächsten Gartenabenteuer werfen schon ihre Schatten voraus…

Endspurt mit Cornelia

Kurzurlaub auf Pellworm, abends noch mal schnell ins Internet geschaut: „Wir wurden von einer Gärtnerin gestern freundlicherweise darüber unterrichtet, dass eine fremde Dame sich in den Gärten aufhielt und dort unberechtigterweise Gemüse erntete“, heißt es im aktuellen Newsletter des „meine ernte“-Teams. „Die Dame behauptete, sie habe das mit Herrn Kötter im Hofladen abgesprochen. Eine solche Absprache existiert jedoch nicht!“ Und weiter: „Die Dame nennt sich ‚Cornelia’, ist zwischen 60 und 70 Jahre alt, sportlich, wirkt jedoch etwas verwahrlost. Offenbar ist sie ortskundig, denn Sie kennt Herrn Kötter und seinen Hofladen.“
O Schreck, dann wird also doch auch geklaut auf dem Beet. Zum Glück passiert das erst gegen Ende der Saison, denken wir, und bringen erst mal unseren Kurztripp zu Ende. Der beinhaltet außerdem einen Besuch der jährlichen großen Kunstschau „NordART“. Ein wirklich inspirierendes Erlebnis – und eine tolle Gelegenheit, eine liebe Tante und ihren Mann zu besuchen, die ganz in der Nähe des Ausstellungsgeländes leben. Deren beeindruckend gepflegter großer Garten ziert ein lustiges Windrad, ein radfahrender Frosch, und bietet Anlass für ausgiebige „Fachgespräche“. Wir sind ja schließlich auch schon kleine Experten!
Wieder in Frankfurt zieht es uns gleich nach Nieder-Erlenbach. Wir wollen sehen, ob Cornelia noch etwas übrig gelassen hat von unserem Gemüse. Ja, stellen wir fest, alles noch da. Und wie! Die Salate sprießen, der Mangold wächst noch immer nach, auch Paprika, Zitronenmelisse und Bohnen gibt es reichlich. Besonderen Spaß haben wir mit Knollensellerie und Pastinake – mit einigem Kraftaufwand müssen wir sie regelrecht ausgraben. Und die Pastinake – huuuuuuhhh – hat kleine Nebenwurzeln. Sieht aus wie ein unheimliches Meerestier.
Gleichzeitig macht das Gesamtbeet überdeutlich, dass die Saison in rund drei Wochen zu Ende ist – dass wir nur noch wenige dieser Ernteausflüge unternehmen werden. Wie vom „meine ernte“-Team gewünscht, rupfen wir noch ein wenig Unkraut, dann machen wir uns auf den Heimweg. Und was Cornelia betrifft: Gemüse klauen ist nicht unbedingt die feine Art. Aber vielleicht ist die Dame ja wirklich bedürftig. Und vielleicht kann man für Leute wie sie einen kleinen Gemüsekorb hinstellen, aus dem sie sich kostenlos bedienen können – wenn sie ansonsten die Beete in Ruhe lassen.
Eine Lösungsidee, die auch die Berliner Guerilla-Gärtner aus Broka Hermanns ZDF-Reportage „Ach du grüne Neune“ aus gegebenem Anlass angedacht haben. Denn Cornelias gibt es in Zeiten wie diesen überall.