Casanova oder: Da haben wir den Salat!

Im aktuellen Newsletter hat das „meine ernte“-Team darum gebeten ,die Gartenarbeit etwas ruhen zu lassen – das erlebt man auch nicht alle Tage! Es gibt aber einen triftigen Grund: den starken Regen. Allzu sehr auf dem nassen Boden herumzuturnen, sei nicht gut, deshalb solle man nur das Nötigste tun. Weil wir unbedingt noch etwas Salat und Spinat ernten, Rankhilfen für die Dicken Bohnen aufstellen und nachsäen wollen, fahren wir heute, an Fronleichnam, trotzdem raus zum Beet. Und wir sind nicht die Einzigen, die die kleine regenfreie Phase nutzen. Schnell kommen wir ins Gespräch mit einem anderen Hobbygärtnerpaar, das sichtlich professioneller ans Werk geht als unsereins und eine beeindruckende Holzkonstruktion für die selbst gezogenen Tomaten errichtet hat. Die beiden sind schon das zweite Mal dabei und berichten, dass sie jetzt die in der ersten Saison gesammelten Erfahrungen umsetzen.

Zufällig kommen wir auf den in Sichtweite gelegenen Billigsupermarkt zu sprechen – und stellen etwas verdruckst fest, dass wir alle schon dort eingekauft haben, auch wenn das jetzt vielleicht nicht soooooo politisch korrekt ist. Es ist aber einfach eine prima Gelegenheit, den Beetbesuch mit den nötigsten Einkäufen zu verbinden. Und, immerhin: Der Markt hat ja auch Bioprodukte im Sortiment!

Dann ist es Zeit, die Rankhilfen für die Dicken Bohnen aufzustellen. Dafür haben wir dann doch mal im Baumarkt ein paar lange Bambusstangen besorgt. Wenige Minuten später steht unsere erste eigene Gartenbaukonstruktion – gar nicht so übel, das sieht doch schon nach etwas Know-how aus. Dort, wo wir die Radieschen abgeerntet haben, ziehen wir mit dem Spachtel eine kleine Furche und säen neue Radieschen. Einen Zentimeter unter der Oberfläche sollen die Samen platziert werden – so steht es auf der Packung. Ausstreuen, vorsichtig zuschippen, fertig. An einer weiteren freien Stelle, weit genug von den Zucchini entfernt, säen wir Pastinake, nach demselben Prinzip. Gießen ist nicht notwendig, der Boden ist ausreichend feucht. Und nun gehen wir dem Spinat und unserem Casanova an den Kragen – so heißt der grüne Salat, den Landwirt Kötter gepflanzt hat. Prächtig steht er da und schreit förmlich danach, geerntet zu werden. Auch vom benachbarten roten Blattsalat nehmen wir etwas mit – und pflanzen an den freigewordenen Stellen gleich neuen Salat.

Auf einigen Nachbarbeeten scheinen bisher weder Salat noch Radieschen geerntet worden zu sein. Ob das gutgeht?, fragen wir uns mit Expertenmine, und machen uns auf den Weg nach Hause.

Salate

Der Casanova grünt

 

Radieschen von oben betrachtet und ein „feucht-fröhliches“ Fest

Das Thema Radieschen lässt uns nicht los. Also haben wir im Freundes- und Bekanntenkreis eine kleine Umfrage gemacht. Und siehe da: Inzwischen haben uns zwei weitere Personen, die wir hier aus Diskretionsgründen nicht namentlich erwähnen, gestanden, dass auch sie immer dachten, Radieschen würden im Verbund wachsen. Siehste!! Das tröstet doch ein wenig.

Aber zu unserem Gemüsebeet. Letzten Mittwoch war Sanne abends allein zum Gießen dort und hat eine üppige Ladung EINZELNER! Radieschen, Spinat und Salat mit nach Hause gebracht. Am Donnerstag gab es viel Regen, so dass wir uns keine großen Sorgen um das Gemüse machen mussten. Für heute, Sonntag, ist zwar ebenfalls reichlich Wasser von ganz oben angesagt, aber wir wollen trotzdem rausfahren: zum einen weil Herr Kötter wieder Sprechstunde hat, zum anderen weil die kleinen Hügel, auf denen die Kartoffelpflanzen wachsen, endlich mal wieder angehäuft werden müssen. Und: In Nieder-Erlenbach ist heute Höfefest, wie Plakate und „Meine Ernte“-E-Mails seit Wochen ankündigen. Ab 12 Uhr werden die Pflanzen- und Gemüsespezialisten des Ortes ihre Häuser öffnen, es gibt leckeres Essen, Getränke und Musik. Das ist ein weiterer Vorteil eines Gemüsebeets im Grünen: Es bringt einen dazu, Ausflüge zu unternehmen und Dinge kennenzulernen, die sonst an einem vorbeigegangen wären.

Zum ersten Mal begleitet uns eine Freundin, die sehen will, was wir da in Nieder-Erlenbach so treiben. Unsere E-Mails haben sie neugierig gemacht. Und so stehen wir in wetterfester Kleidung bei Nieselregen im Beet und begutachten Gepflanztes und Herausgewachsenes. Die selbst gesäten Blumen lassen weiter auf sich warten – nicht abzusehen, ob noch etwas wird aus den zarten kleinen Blättern, die da schüchtern aus der Erde lugen. Blumenkohl, Sellerie, Dill und Paprika strahlen nicht unbedingt, haben sich aber einigermaßen gehalten.

Wohl wegen des Wetters ist nicht viel Betrieb auf den Nachbarbeeten, so dass es nur ein paar Minuten dauert, bis Landwirt Kötter Zeit für uns hat. Zu unseren Blumen kann er auch nichts sagen, es ist einfach noch zu wenig zu sehen. „Da kann man nur abwarten.“ Außerdem vermisst er die von ihm gepflanzten Gurken – ein Sachverhalt, der glücklicherweise auch für die umliegenden Parzellen gilt. „In den am Feldrand gelegenen Beeten sind sie angegangen, aber hier in der Mitte nicht so. Weiß auch nicht genau, warum. Hier müssen wir ebenfalls abwarten.“ Ich atme auf. Hatte ich doch schon befürchtet, im Unkrautbeseitigungseifer auch die mühsam gesäten Gurken auf den Kompost befördert zu haben.

Bohnen haben wir zwei Sorten, Dicke Bohnen und Buschbohnen. „Für die Dicken Bohnen sollten Sie jetzt langsam Stangen in die Erde treiben, damit sie daran hochwachsen können – ähnlich wie bei den Erbsen. Die Stangen für die Bohnen müssen aber um die 2 Meter hoch sein!“ Wir denken an das Märchen von Jakob und der Bohnenstange und können uns gar nicht wirkoich vorstellen, dass auch auf unserem Gemüsestreifen in absehbarer 2 Meter hohe Bohnenungetüme stehen sollen. Dann geht es weiter zu unserem „Lieblingsgemüse“: Zwischen den Radieschen haben sich Pflanzen mit großen, dunkelblau schimmernden Blättern breitgemacht. Die waren uns durchaus schon aufgefallen, aber wir hatten sie lieber stehen lassen, frei nach dem Motto: Man weiß ja nie! Irgendwie schienen sie für uns zum Gemüse zu gehören. Aber Sven Kötter redet Klartext: „Die müssen weg“, sagt er kurz und rupft ratz, fatz ein besonders großes Exemplar heraus. „Und die Radieschen selbst sollten Sie ganz schnell ernten. Die sind jetzt durch.“ Wir erfahren auch gleich, warum. Bei einigen Pflanzen ist das Grün bereits üppig herausgewachsen und hat Blüten entwickelt, die nun blühen. „Wenn das der Fall ist, sind die Radieschen nix mehr. Sie schmecken nicht und sind holzig. Probieren Sie mal!“ Schon der erste Biss gibt dem Experten recht. Dass zahlreiche Blätter der Radieschenpflanzen kleine Löcher haben und wie perforiert aussehen, macht dagegen gar nichts und hat einen einfachen Grund. „Das kommt von winzig kleinen Läusen, die sich da durchfressen.“ Als wir von unserem Radieschentrauma berichten, ernten wir ein mildes Schmunzeln und erfahren außerdem etwas über den Radieschenanbau in Deutschland. Da gebe es ein paar wenige Monopolisten, die gigantische Felder nur mit Radieschen bepflanzen. Zum Ernten kämen blitzschnelle Zupfer, die die Radieschen noch auf dem Feld mit einem Gummi zu Bunden zusammenführten, und das gerade mal für ein paar Cent Lohn. Wenn dann im Supermarkt ein Bund für wenig mehr Geld angeboten werde, könne man sich ausrechen, wie gering die Gewinnspanne sei. Ein mühseliges Geschäft.

Und Herr Kötter ist mit seinen Tipps noch nicht am Ende. Als er mich die Hügel für die Kartoffelpflanzen neu aufhäufen sieht, bittet er mich kurz um die Hacke. „Hier, Sie müssen die Erde aus dem Kanal zwischen den Hügeln holen“ – mit kräftigen Zügen macht er vor, wie es geht – „Sie hacken viel zu dicht bei den Pflanzen hinein.“ Als ich die Hacke wieder übernehme, schaut er mir noch einen Moment lang zu und macht sich auf zum nächsten Beet, ein verschmitztes „Ich sach’s ja immer wieder, üben, üben macht den Meister“ auf den Lippen.

Eine halbe Stunde später ist die Arbeit getan. Erde gelockert oder aufgehäuft, Unkraut gejätet, gute Radieschen von schlechten Radieschen getrennt und ausgegraben, Salat geerntet. Zufrieden begeben wir uns zum Auto und fahren in den Ort – zum Höfefest. An den Hofeinfahrten sind einladende Schilder aufgestellt, in Scheunen, Gärten oder unter freiem Himmel locken Tische und Bänke, wo nötig wohlweislich mit Schirmen und Planen überdacht. Das ist auch nötig, denn der Regen wird immer stärker. Zu schade, denn bei Sonnenschein wäre es ein echtes Vergnügen, von Hof zu Hof zu schlendern und sich durch die angebotenen Köstlichkeiten zu schlemmen. „Feucht-fröhlich“ hatten wir uns anders vorgestellt. Aber wir machen das Beste draus und haben auch so unseren Spaß. In der Obermühle genießen wir Lammbuletten mit Tzatziki und bewundern den schönen Garten. In der Untermühle gibt es ein überwältigendes Kuchenangebot und heimelige Innenräume, in denen Gemälde, Bilderrahmen und Spiegel angeboten werden. Auf dem Gut von Sven Kötter, unserem „Gemüseguru“, probieren wir zünftige Leberwurstschnitten und erfahren etwas über die Geschichte des Areals, dessen Scheune einst komplett niederbrannte. Dramatische Fotos, eigens für den heutigen Tag aufgehängt, geben Zeugnis davon. In der Scheune des Lamperthofs muss es anschließend noch ein Handkäs sein, begleitet von zauberhafter Live-Gitarrenmusik.

Danach wird es einfach zu kühl und zu feucht. Weshalb wir zurück zum Auto eilen, das wir völlig durchnässt erreichen. Endlich zu Hause angekommen, läuten wir mit einem heißen Bad und einem Salat mit Zutaten „aus dem eigenen Garten“ den gemütlichen Sonntagabend ein.

Höfefest

Handkäs und Gitarrenmusik

Blaue Briefe, leere Tanks

Pfingstmontag, Traumwetter in Hessen. Ein schöner Anlass bringt uns ein zweites Mal innerhalb von zwei Tagen ans Beet. Wir sind mit unseren Eltern zum Essen bei Bad Homburg verabredet, und anschließend wollen wir ihnen stolz „unseren“ Gemüsegarten präsentieren. Die Eltern, selbst ein wenig gartenerfahren, sind beeindruckt,  gehen mit uns die Reihen ab und beweisen ihr Know-how beim Erkennen von Gemüsesorten. Nebenbei gießen wir fleißig nach, denn die Erde wirkt schon wieder reichlich trocken.

Schön, dass auch Landwirt Sven Kötter, der gerade nebenan die eigenen Felder bestellt hat, wieder bei den Hobbygärtnern vorbeischaut und bereitwillig Fragen beantwortet – obwohl er gar keine Sprechstunde hat. Angesichts einiger weniger vor Unkraut strotzender Beete erzählt er, dass schon erste „blaue Briefe“ verschickt wurden. „Schließlich haben die Leute doch einen Vertrag mit uns geschlossen“, resümiert er überhaupt nicht hämisch, sondern vor allem betroffen. Einem engagierten Landwirt wie ihm muss das Herz bluten, wenn er ein bepflanztes Gemüsebeet derart verkommen sieht. Und noch etwas fuchst Herrn Kötter: Erst Samstagnachmittag hatte er die drei 1000-Liter-Wassertanks wiederaufgefüllt – aber irgendein ahnungs- oder auch achtloser Mensch musste einen Hahn nicht richtig zugedreht haben, so dass ein kompletter Tank am Sonntagmorgen wieder leer gelaufen war. Wie blöd oder wie mutwillig muss man sein?

Im Gespräch erfahren wir, dass wir die Kartoffeln gar nicht gießen sollen, Mist! – und dass wir die Erde auf den kleinen Kartoffelpflanzenhügeln mit der Harke ordentlich aufschütten sollen. Ganz wichtig: Neu Gepflanztes soll man gerade in der Anfangszeit alle zwei bis drei Tage gießen. Und tatsächlich: Unsere Sellerie-, Blumenkohl und Paprikapflanzen scheinen nach Wasser zu lechzen. Gut, dass wir vorbeigeschaut haben. So erhalten auch die von uns neu gesetzten Pflanzen ausreichend Feuchtigkeit. Außerdem dürfen wir uns über die ersten Miniaturblätter freuen, die zaghaft aus der Erde lugen: Das müssen unsere Blumen sein. Sie scheinen tatsächlich zu kommen! Angeregt nehmen wir noch einen Kopfsalat, ein paar Radieschen und Spinatblätter mit, dann lassen wir den herrlichen Sommernachmittag in einem Nieder-Erlenbacher Eiscafé ausklingen.

Schuppen und Wassertank

Gerätekammer und Wassertank