Es ist ein starkes Bild, das sich uns ein paar Schritte abseits vom Jacobiweiher bietet: Wohin man auch schaut, Bäume und Bärlauch. Das Trendgewächs bedeckt eine riesige Waldfläche und verbreitet einen angenehmen leichten Knoblauchduft. Fast möchte man zugreifen und ein paar Blätter kosten oder für zu Hause einpacken – würden nicht zahlreiche Spuren von Ungeziefer und andere Hinterlassenschaften den schönen Gesamteindruck trüben. Ganz zu schweigen von dem kleinen Kerosinniederschlag, dem wir erst vor wenigen Minuten ausgesetzt waren. Der Jacobiweiher, einst hervorragend geeignet für besinnliche Spaziergänge mit intensiven Gesprächen, liegt heute mitten in der Einflugschneise des Frankfurter Flughafens. Die Jets überfliegen ihn fast im Minutentakt, und das in nur geringer Höhe.
Den Bärlauchwald haben wir nicht zufällig entdeckt. Nein, eine fachkundige Dame hat uns hierhergeführt. Denn wir nehmen an einer Kräuterwanderung der Volkshochschule Frankfurt teil, 10 Euro pro Person. Für diesen fairen Betrag ist man 3 Stunden an der frischen Luft und erhält einen kleinen Einblick in das, was uns die Natur nur wenige Schritte von den letzten Wohnhäusern entfernt an essbaren Pflanzen und Heilkräutern bietet. Und das ist eine ganze Menge. Taubnessel, Waldmeister, Schabockskraut, Giersch und eben der Bärlauch sind nur einige der vielen Gewächse, die wir gezeigt und erklärt bekommen. Einige wachsen sogar bei Oma Mohr im Garten.
Kaum zu glauben, was man damit alles machen kann: roh essen – zum Beispiel im Salat, einen Tee daraus kochen, in die Bowle geben, Pesto herstellen, Salben produzieren und, und, und. Ob zur Blutreinigung oder zur Kreislaufregulierung, ob zur Behandlung von Gicht oder zum Beheben eines Vitamin-C-Magels, für alles scheint ein Kraut gewachsen. Und es erstaunt uns supermarktgewöhnte Stadtkinder immer wieder, dass das alles oftmals unmittelbar vor der eigenen Haustür liegt – dass man im Alltag einfach dran vorbeigeht. Man muss es ja nicht in der Einflugschneise sammeln, sondern wird fast überall fündig, auf Wiesen und in Wäldern.
Auf unserer langen Wanderung, die eigentlich nur ein kleiner Rundgang um den Jacobiweiher ist, sehen wir ungewöhnlich hoch wachsende Wildkirschbäume und lernen lustige Namen wie Gundermann und Lungenkraut, auch Schlotterhose genannt. Dazu – „Mensch, guck mal, da!“ – machen wir Bilder von exotischen Mandarin-Enten, die am Ufer des Weihers für uns posen. Diese auffällig bunten Tiere sollen allerdings eine Gefahr für unsere heimischen Enten sein, weiß eine Teilnehmerin. Nett anzuschauen sind sie trotzdem – und ein weiteres Beispiel dafür, wie nah Schönheit und Grausamkeit in der Natur beieinanderliegen können.
Prima, dass wir zur Wanderung einen Handzettel mit Beschreibungen der wichtigsten Kräuter und ein paar Rezeptideen bekommen haben. So nehmen wir buchstäblich einiges mit von dieser Wanderung und hoffen, zukünftig unseren Speiseplan noch etwas abwechslungsreicher gestalten zu können. In Form von Green Smoothies und Zutaten für leckere Gerichte.
Klasse – bis auf das mit dem „nicht-essen-können“. So etwas wird in der Rhön auch angeboten und steht schon lange auf meiner gedanklichen „will ich mal unternehmen“-Liste